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Prüfung von Prüfungsanordnungen für Außenprüfungen: Das sollten Sie beachten! 

Gerald Schwamberger, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Göttingen

Die intensive und umfassende Prüfung einer Prüfungsanordnung ist für die gewissenhafte Arbeit eines Steuerberaters unabdingbar, weil anderenfalls Möglichkeiten der Anfechtung vergeben werden. Ein Unterlassen kann zu Regressforderungen von Mandanten führen. Die Prüfungsfelder sind je nach Mandant und Prüfungsfall unterschiedlich und auf den Einzelfall bezogen zu prüfen. In diesem Beitrag erfahren Sie, wann überhaupt eine Prüfungsanordnung vorliegt und was Sie bei der Prüfung beachten müssen, um Regressansprüche von Mandanten zu vermeiden.

Außenprüfungen durch die Finanzverwaltung

Die Außenprüfung der Finanzverwaltung ist ein Teil des Steuerverfahrensrechts nach den §§ 78-346 AO. Sie hat im Gegensatz zur allgemeinen Steuerermittlung eigene zu beachtende Vorschriften in den §§ 193-207 AO. Die Vorschriften des allgemeinen Steuerermittlungsverfahrens (§§ 93-107 AO) sind als allgemeiner Teil des Steuerverfahrensrechts auch im Rahmen der besonderen Verfahrensarten – wie der Außenprüfung – anzuwenden. Im Rahmen der Außenprüfung besteht gegenüber den allgemeinen Verfahrensregelungen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen i.S. des § 200 AO. Die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist wird gem. § 171 Abs. 4 AO unterbrochen und bestandskräftige Steuerbescheide können nur bei Vorliegen neuer Tatsachen i.S. des § 173 AO geändert werden.

Abgrenzung der Außenprüfung gegenüber Ermittlungshandlungen

Für die Abgrenzung der Außenprüfung von Ermittlungshandlungen im Rahmen des Steuerfestsetzungsverfahrens (z.B. betriebsnahe Veranlagung) gilt Folgendes: Das Festsetzungsverfahren hat die Festsetzung der Steuer zum Gegenstand, während die Außenprüfung beim Steuerpflichtigen in besonders effektiver und intensiver Weise die Besteuerungsgrundlagen ermitteln und damit eine Voraussetzung für eine richtige Steuerfestsetzung schaffen soll. So ist die Klärung von Zweifelsfragen bzw. eines Beweisthemas von der Finanzverwaltung im Ermittlungsverfahren vorzunehmen, während im Rahmen der Außenprüfung für einen bestimmten Zeitraum alle steuerrelevanten Sachverhalte und Steuerarten geprüft werden. Aus diesem Grund wird dort i.S. der §§ 193-196 AO durch eine Prüfungsanordnung der zeitliche und sachliche Rahmen gesetzt.

Durchbrochen wird dies durch die betriebsnahe Veranlagung und die veranlagende Außenprüfung. Da eine betriebsnahe Veranlagung auch eine abgekürzte Außenprüfung sein kann, ist für die Entscheidung maßgebend, ob eine Prüfungsanordnung ergeht (AEAO zu § 85 Nr. 2, 3 VwA 1). Diese vom Verordnungsgeber gesetzte Abgrenzung kann nicht ohne Weiteres akzeptiert werden, weil materielle Unterschiede entscheidend sein müssen. Soweit keine Außenprüfung vorliegt, handelt es sich um Einzelermittlungen nach den §§ 92, 93 ff. AO. In solchen Fällen ist z.B. die Einsichtnahme in die Buchführung nach § 97 Abs. 2, 3 AO nur zulässig, wenn keine ausreichende Auskunft erteilt wurde oder wenn der Steuerpflichtige der Einsichtnahme zustimmt. Weiterhin kann die betriebsnahe Veranlagung nicht die Hemmung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 AO auslösen.

Arten der Außenprüfung

Zu den Arten der Außenprüfung gehören die Betriebsprüfung (Steuer), die Konzernprüfung, die Umsatzsteuersonderprüfung, die Lohnsteueraußenprüfung, die Prüfung der gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 2 AO, die Prüfung des Steuerabzugs nach § 50a EStG, die Prüfung der Anrechnungsberechtigung gem. § 50b EStG, die Prüfung zur Vorbereitung und Durchführung einer Hauptfeststellung i.S. des § 29 Abs. 2 BewG, die Prüfung für die gesonderte Feststellung zum Zweck der Erbschaft- und Schenkungsteuer gem. § 156 BewG und verschiedene gesetzlich vorgeschriebene Außenprüfungen. Keine Außenprüfung sind die aufgrund eines Steuerstrafverfahrens eingeleiteten Ermittlungen, bei denen gem. § 385 Abs. 2 AO ausschließlich die Vorschriften der §§ 385 ff. AO mit Ausnahme des § 386 Abs. 2 AO sowie der §§ 399-401 AO gelten.

Hinweis: Parallele Verfahren der Außenprüfung und der Ermittlung im steuerstrafrechtlichen Verfahren sind möglich. Sobald dem Steuerpflichtigen die Eröffnung des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens mitgeteilt wurde, ist die Außenprüfung jedoch in das steuerstrafrechtliche Verfahren eingebunden. Dies bedeutet, dass für den Steuerpflichtigen auch bei der Außenprüfung die für das steuerstrafrechtliche Verfahren zulässigen Einschränkungen der Mitwirkungspflicht oder der Selbstbelastung sowie der Erlass von Zwangsmitteln i.S. des § 328 AO zu beachten sind (§ 393 Abs. 1 AO).

Prüfung der Prüfungsanordnung

Voraussetzung für die Durchführung einer Außenprüfung ist für die Finanzverwaltung der Erlass einer schriftlichen Prüfungsanordnung (§ 196 AO), aus der die Zulässigkeit (§ 193 AO), der sachliche Umfang (§ 194 AO) und der zeitliche Umfang (§ 194 Abs. 1 AO i.V. mit § 4 BpO) hervorgehen muss.

Prüfung der Zulässigkeit

Bei Vorliegen einer Prüfungsanordnung muss für den Mandanten überprüft werden, ob die sachlichen Voraussetzungen für die Durchführung einer Außenprüfung im Rahmen der Prüfungsanordnung ordnungsgemäß erfüllt sind. Die Prüfungsanordnung ist ein Verwaltungsakt und kann mit einem Einspruch und einer Anfechtungsklage angefochten werden. Allerdings haben Einspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung. Die Aussetzung der Vollziehung i.S. des § 361 AO ist zulässig.

Bei Vorliegen einer rechtswidrigen Prüfungsanordnung unterliegen die Feststellungen oder Berichtigungsbescheide einem Verwertungsverbot. Dieses erfordert jedoch, dass die Prüfungsanordnung durch Anfechtung aufgehoben und für rechtswidrig erklärt wird. Das Verwertungsverbot kann nicht erstmals gegen die aufgrund der Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide geltend gemacht werden.

Mit Ergehen der Prüfungsanordnung wird die Duldung der Außenprüfung durch die Finanzbehörde angeordnet. Eine Anfechtungsklage nach Durchführung der Außenprüfung ist unzulässig. Ein Anfechtungsantrag muss auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt werden. Das besondere Feststellungsinteresse besteht bei Anfechtung einer Prüfungsanordnung, weil ein Verwertungsverbot nach der Rechtsprechung des BFH nur eingreift, wenn die Prüfungsanordnung aufgehoben oder für rechtswidrig erklärt worden ist (BFH 4.12.12, VIII R 5/10).

Prüfung des sachlichen Umfangs

Neben der grundsätzlichen Zulässigkeit der Durchführung einer Außenprüfung bei Mandanten ist der sachliche Umfang zu überprüfen, der in der Prüfungsanordnung gem. § 194 AO genannt sein muss. Eine Außenprüfung ist nicht schlechthin zulässig oder unzulässig, sondern immer nur mit einem bestimmten persönlichen, sachlichen und zeitlichen Umfang.

Die Außenprüfung dient der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen, der in der Prüfungsanordnung genannt ist. Abweichend werden bei einer Konzernprüfung nach den Regeln der §§ 13 ff. BpO alle Unternehmen, die zu einem Konzern gehören oder durch ein herrschendes Unternehmen verbunden sind, im Zusammenhang, unter einheitlicher Leitung und nach einheitlichen Gesichtspunkten geprüft. Bei der Prüfung von Personengesellschaften kann die Außenprüfung auf die Gesellschafter ausgedehnt werden. Das gilt ebenfalls für GmbH-Gesellschafter, Vereinsmitglieder usw. Auch bereits ausgeschiedene Gesellschafter, die im Prüfungszeitraum noch Gesellschafter der zu prüfenden Gesellschaft waren, gehören zum Prüfungskreis.

Praxishinweis: Ein wichtiger Teil der Prüfung der Prüfungsanordnung ist – insbesondere bei Gesellschaften – hinsichtlich der Nennung des zu prüfenden Steuerpflichtigen vorzunehmen. Hierin kann bereits Potenzial für die Anfechtung der Prüfungsanordnung stecken.

Die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung gegenüber dem Steuerpflichtigen muss nach § 197 AO in angemessener Zeit vor Beginn der Prüfung erfolgen. Als – durch die Rechtsprechung bestätigte – angemessene Zeit ist bei Großbetrieben ein Zeitraum von vier Wochen und bei Mittel- und Kleinbetrieben ein Zeitraum von zwei Wochen vor Beginn der Prüfungshandlungen des in der Prüfungsanordnung genannten Betriebsprüfers anzusehen. Der Betriebsprüfer kann bereits vor diesem Zeitpunkt die in der Finanzbehörde vorhandenen Steuerakten durcharbeiten. Er darf hierbei jedoch noch keine Ermittlungshandlungen unter Einbeziehung des Steuerpflichtigen vornehmen. Für die Abkürzung dieser Fristen kann nur dann ein sachlicher Grund vorliegen, wenn die Gefährdung des Prüfungszwecks bei Verdunkelungsgefahr, nicht jedoch der Ablauf der Festsetzungsfrist gegeben ist.

Die Übergabe der Prüfungsanordnung durch den Prüfer am Tag des Prüfungsbeginns genügt nicht, sodass die Prüfungsanordnung angefochten werden kann (FG Düsseldorf 2.7.87, VIII 204/82 AO, EFG 87, 595). Die Verkürzung der Bekanntgabefrist der Prüfungsanordnung wegen drohenden Ablaufs der Festsetzungsfrist ist unzulässig (BFH 24.2.89, III R 36/88, BStBl II 89, 445). Die Ausnahme stellt die Erweiterung der Prüfung wegen zu erwartender Mehrsteuern dar (BFH 23.2.05, XI R 21/04, BFH/NV 05, 1218).

Merke: Insbesondere die Verkürzung der Bekanntgabefrist der Prüfungsanordnung wegen des drohenden Ablaufs der Festsetzungsfrist ist ein wichtiges Kriterium, die Prüfungsanordnung anfechten zu können. Im Normalfall wird die Finanzverwaltung die Bekanntgabefrist aber ausreichend einhalten.

Grundsätzlich reicht es aus, wenn in der Prüfungsanordnung auf § 193 AO verwiesen wird. Weitergehende Begründungen sind jedoch notwendig, wenn

  • eine dreifache Wiederholung einer Prüfung in kurzen Abständen erfolgt (BFH 11.6.04, IV B 188/02, BFH/NV 04, 1617),
  • eine Prüfungserweiterung wegen erwarteter Mehrsteuer erfolgen soll (ergänzende Prüfungsanordnung),
  • eine Prüfung außerhalb des üblichen Prüfungsturnus aus besonderem Anlass erfolgen soll (BFH 2.9.88, III R 280/84, BStBl II 89, 4) oder
  • eine Prüfung stattfinden soll, ob überhaupt gewerbliche Einkünfte vorliegen (BFH 15.7.05, I B 25/05, BFH/NV 05, 1967).
Praxishinweis: Die Anfechtbarkeit einer Prüfungsanordnung kann auch gegeben sein, wenn die notwendigen Begründungen erst im Rahmen der Außenprüfung festgestellt werden und die Anfechtung vor Beendigung der Außenprüfung erfolgt.

Zeitlicher Umfang der Außenprüfung

Zum zeitlichen Umfang der Außenprüfung wird in § 194 Abs. 1 S. 2 AO lediglich festgestellt, dass die Prüfung einen oder mehrere Besteuerungszeiträume erfassen kann. Die Grenze bildet dabei der Ablauf der Festsetzungsfrist. Es ist nämlich unzulässig, einen Zeitraum zu prüfen, wenn die Ergebnisse der Prüfung keinesfalls mehr steuerliche Auswirkungen haben können. Die zuständige Finanzbehörde hat den zeitlichen Rahmen der Außenprüfung nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzen. Die Ausübung des Ermessens ist auf die prüfungswürdigen Zeiträume oder Sachverhalte abzustellen und ggf. zu begründen.

Bei Großbetrieben erfolgen Anschlussprüfungen, d.h. an die zuletzt geprüften Veranlagungszeiträume wird die nächste Prüfung ohne einen nicht geprüften Zwischenraum angeschlossen. Das ist jedoch dann nicht möglich, wenn bereits Festsetzungsverjährung für entsprechende Veranlagungszeiträume eingetreten ist. Der Prüfungszeitraum für Nicht-Großbetriebe beträgt gem. § 4 Abs. 3 BpO drei Jahre und zwar unabhängig davon, ob Steuererklärungen abgegeben wurden oder nicht. Die Finanzbehörde bestimmt innerhalb des Rahmens der Festsetzungsfrist, welche Jahre zu prüfen sind. Anschlussprüfungen sind grundsätzlich zulässig, wenn hierfür sachliche Gründe bestehen (§ 4 Abs. 3 S. 3 BpO). Eine sachliche Begründung für eine Anschlussprüfung in einem Nicht-Großbetrieb liegt z.B. darin, dass aufgrund der Vorprüfung die Möglichkeit von Mehrsteuern besteht (BFH 20.10.03, IV B 67/02, BFH/NV 04, 311).

Nach pflichtgemäßem Ermessen kann die Finanzbehörde von der Vorgabe des Prüfungszeitraums von drei Jahren bei Vorliegen sachlicher Gründe abweichen. Eine Erweiterung des Prüfungszeitraums ist bei entsprechender sachlicher Begründung zulässig, erfordert jedoch nach Erlass einer Prüfungsanordnung eine Ergänzungsanordnung. Auch diese muss alle erforderlichen zu prüfenden Angaben enthalten und außerdem von der Finanzbehörde begründet werden. Eine Ergänzungsanordnung ist anfechtbar, falls sie eine nicht unerhebliche Änderung der Besteuerungsgrundlagen erwarten lässt. Eine unbestimmte Vermutung genügt nicht.

Der zeitliche Umfang nach § 4 Abs. 3 BpO gilt nur für Außenprüfungen gem. § 193 Abs. 1 AO. Bei Außenprüfungen nach § 193 Abs. 2 Nr. 1 AO (z.B. Lohnsteuerprüfung, Kapitalertragsteuerprüfung usw.) und nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO (für die Besteuerung erhebliche Verhältnisse, die der Aufklärung bedürfen) gilt die zeitliche Beschränkung nicht. Für letztere sind die Notwendigkeit und die Zweckmäßigkeit einer Außenprüfung zu begründen.

Praxishinweis: Bei Außenprüfungen sind dem Betriebsprüfer keine Unterlagen für Jahrgänge auszuhändigen, die in einer Prüfungsanordnung nicht genannt sind. Er darf keine Prüfungshandlungen für diese Zeiträume vornehmen.

Außenprüfung und Selbstanzeige

Die Einreichung, Nachholung oder Berichtigung von steuerlichen Angaben gegenüber der Finanzbehörde ist gem. § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO dann nicht mehr möglich, wenn gegenüber dem Steuerpflichtigen selbst oder seinem steuerlichen Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekanntgegeben worden ist. Unstreitig ist dies dann nicht mehr möglich, wenn die Prüfungsanordnung mit Postzustellungsurkunde bekanntgegeben wurde. Strittig ist zurzeit, ob die Drei-Tages-Fiktion gem. § 122 AO zu beachten ist. Besonders in diesem Fall ist die Prüfungsanordnung intensiv und umfassend zu prüfen, denn eine nichtige Prüfungsanordnung entfaltet keine Sperrwirkung i.S. des § 371 Abs. 2 Nr. 1 AO. Ungeklärt ist noch die Frage, ob eine rechtswidrige Prüfungsanordnung diese Sperrwirkung entfaltet.

Vergütungen für die Prüfung

Die Prüfungsanordnung ist ein Verwaltungsakt, der keinen Steuerbescheid i.S. des § 28 StBVV darstellt (Meyer/Goez/Schwamberger, Tz. 4 zu § 28 StBVV). Die Prüfung der Prüfungsanordnung kann gem. § 29 StBVV mit der Zeitgebühr berechnet werden, weil sie für den Steuerberater in der Regel die erste Handlung im Rahmen der später durchzuführenden Betriebsprüfung ist. Einsprüche gegen die Prüfungsanordnung werden gem. § 40 Abs. 1 StBVV berechnet. Als Gegenstandswert ist ein Mindeststreitwert von 1.000 EUR wie für Verfahren vor Finanzgerichten und dem BFH (§ 53 Abs. 3 Nr. 3 GKG i.V. mit § 52 Abs. 1 GKG) abzurechnen. Die Durchführung eines Klageverfahrens vor dem Finanzgericht ist nach RVG und ebenfalls mit dem Mindeststreitwert von 1.000 EUR als Gegenstandswert abzurechnen.