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Rückfragen des Finanzamts zu Steuererklärungen: Wie kann dieser Aufwand berechnet werden?

Gerald Schwamberger, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Göttingen

Immer häufiger kommt es vor, dass trotz berufsüblicher Sorgfalt seitens des Steuerberaters bei der Erstellung von Steuererklärungen im FA bei der anschließenden Bearbeitung Fragen aufgeworfen werden, die der Steuerberater beantworten muss. Oft sind diese Nachbearbeitungen arbeitsaufwendig. Der Mandant stellt sich dann gerne auf den Standpunkt, dass er ja für die Erstellung der Steuererklärungen bezahlt hat, und akzeptiert keine zusätzlichen Honorare. Viele Steuerberater verzichten aus diesem Grund häufig unnötig auf Gebühren.

Rechtsgrundlagen des FA

Grundsätzlich sind bei der Erstellung von Steuererklärungen die für die jeweilige Steuerart relevanten Angaben bereits vorgegeben. Trotzdem kann es vorkommen, dass insbesondere bei den Gewinneinkünften Sachverhalte mit steuerlicher Relevanz nicht allein aus den vorgelegten Unterlagen (z.B. Jahresabschlüsse oder Gewinnermittlungen) hervorgehen. Weiterhin kann es Rückfragen des FA geben, wenn Vorgehensweisen im Rahmen der Einkunftsermittlung durch die Rechtsprechung geändert wurden. Auch bei den Überschusseinkünften können sich Rückfragen ergeben, die weder aus den ausgefüllten Formularen, noch aus zusätzlichen Anlagen ersichtlich sind.

Rückfragen zu oder Beanstandungen von eingereichten Steuererklärungen können sich nach den §§ 90 bis 93 AO ergeben. § 90 AO betrifft die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen, während in § 91 AO das Recht der Anhörung des Steuerpflichtigen geregelt ist. Nach § 92 AO sind Beweismittel für steuerrelevante Vorgänge vorzulegen und nach § 93 AO besteht eine Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer Personen. Dies bedeutet unter Einbeziehung des § 97 AO, dass der Steuerpflichtige aufgrund entsprechender Aufforderungen durch die Finanzbehörde verpflichtet ist, seine steuerlichen Angelegenheiten ggf. durch Urkunden und Beweismittel zu erläutern oder zu beweisen.

Art und Qualität der Rückfragen des FA

Ob für Nachbearbeitungen von Steuererklärungen Gebühren nach der StBVV erhoben werden können, richtet sich im Wesentlichen danach, welche Fragen das FA stellt. Weiterhin kommt es darauf an, ob der Mandant alle erforderlichen Angaben zur Erstellung der Steuererklärung gemacht hat. Grundsätzlich dürfte jedoch Übereinstimmung darin bestehen, dass dem Mandanten keine Gebühr in Rechnung gestellt wird, wenn die Auskunft keinen besonderen Aufwand erfordert. Das trifft z.B. auf kurze fernmündliche Rückfragen und entsprechende  Kurzauskünfte durch den Steuerberater zu (Eckert: StBVV, 4. Aufl., Rz. 1 zu § 24 StBVV). Anders ist dies sicherlich zu beurteilen, wenn aufgrund einer telefonischen Rückfrage erhebliche Nacharbeiten erforderlich werden.

Beispiel 1

Im Zusammenhang mit § 13b UStG und nicht unerheblichen Investitionen fragt das FA an, inwieweit die geltend gemachten Vorsteuerbeträge in der Umsatzsteuererklärung zutreffend sind. Das FA kommt zu erheblichen Abweichungen.

Beispiel 2

Das Finanzamt fragt bei einer Ingenieur-GmbH nach, wie die in der Bilanz ausgewiesenen Anzahlungen bewertet wurden. Es weist darauf hin, dass der BFH entschieden hat, dass Abrechnungen nach HOAI in voller Höhe anzusetzen sind. In der Bilanz der Ingenieur-GmbH waren die Anzahlungen mit den Selbstkosten bewertet, obwohl Abrechnungen nach HOAI erfolgt sind. Das erforderte eine Berichtigung des Jahresabschlusses.

Wie können Nacharbeiten abgerechnet werden?

In der StBVV gibt es keine Vorschrift, nach der Nacharbeiten abgerechnet werden können. Nach überwiegender Meinung von Kommentatoren sind sowohl fernmündliche als auch schriftliche oder im Rahmen von direkten Verhandlungen mit der Finanzbehörde bearbeitete Rückfragen nach § 31 StBVV abzurechnen (Meyer/Goez/Schwamberger: StBVV, 7. Aufl., Rz. 2 zu § 31; Eckert: StBVV, 4. Aufl., Rz. 1 zu § 31; andere Meinung: Feiter: Die neue StBVV, Rz. 481). Die Begründung für die Anwendung des § 31 StBVV besteht darin, dass unter dem Begriff „Besprechungen“ nicht nur mündliche, sondern auch schriftliche Stellungnahmen zu verstehen sind, da kein sachlicher Unterschied zwischen beiden erkennbar ist. Aus diesem Grund kann die Beantwortung von Rückfragen des FA in schriftlicher Form gebührenrechtlich nicht anders behandelt werden als eine mündliche Erörterung.

Beachten Sie: Es ist darauf hinzuweisen, dass der Steuerberater nach § 31 Abs. 2 S. 2 StBVV keine Gebühr für die Beantwortung einer mündlichen oder fernmündlichen Nachfrage der Behörde erhält.

Nach § 31 StBVV ist eine schriftliche Stellungnahme zu Fragen des FA nach einer Wertgebühr zu berechnen, wobei der Wert des Interesses der strittige Bruttowert ist. Gegenstandswert bei der Ermittlung von Einkünften ist die Höhe der Einkünfte, bei der Umsatzsteuer 10 % des Umsatzes, bei den Gewinneinkünften der Gewerbeertrag oder Überschuss usw. Werden verschiedene Gegenstandswerte in einer Besprechung oder schriftlichen Stellungnahme bearbeitet und beantwortet, so sind diese Gegenstandswerte nach § 10 Abs. 2 StBVV zusammenzurechnen. Bei ggf. langwierigen und mehrfachen Stellungnahmen oder Erörterungen entsteht die Gebühr in derselben Angelegenheit lediglich einmal.

Anders wird es sich verhalten, wenn z.B. Einkünfte neu ermittelt werden müssen, weil der Mandant dem Steuerberater diese nicht bekanntgegeben hat. In diesem Fall ist § 27 StBVV Grundlage der Berechnung. Eine Neuerstellung eines Jahresabschlusses aufgrund von Fehlern im eingereichten Jahresabschluss oder geänderter Rechtsprechung ist nach den Vorschriften des § 35 StBVV zu berechnen. Dies trifft nicht zu, wenn ohne Neuerstellung eines Jahresabschlusses oder einer Überschussrechnung lediglich die Besteuerungsgrundlage „Gewinn“ geändert wird.

Beispiel 3

Aufgrund von schriftlichen Rückfragen des FA ist vom Steuerberater zur Anlage V zu erläutern, inwieweit im Kalenderjahr erfolgte umfangreiche Reparaturaufwendungen nicht ganz oder teilweise als Herstellungskosten zu berücksichtigen sind. Weiterhin macht das FA darauf aufmerksam, dass dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Erbschaft Mitte des Kalenderjahrs ein Grundstück mit Wohngebäude übertragen wurde und hierzu keinerlei Angaben gemacht wurden.

Die Stellungnahme zu den umfangreichen Reparaturaufwendungen hätte vermieden werden können, wenn der Steuerberater in seiner Anlage zur Steuererklärung bereits seine rechtliche Würdigung dargestellt hätte. Diese wäre bei sorgfältiger Bearbeitung aufgrund des hohen Umfangs der Reparaturaufwendungen zwangsläufig festzuhalten gewesen. Die Erstellung einer zusätzlichen Anlage V für das geerbte Objekt des Mandanten kann der Steuerberater nach § 27 StBVV abrechnen.

Hinweis: Ermittlungsarbeiten für vom Mandanten nicht bekannt gegebene Sachverhalte können berechnet werden: entweder im Rahmen der üblichen Berechnungsgrundlagen oder (soweit es sich lediglich um Nacharbeiten handelt) nach Zeitgebühr gem. § 13 StBVV, wenn der Wert für diese Arbeiten nicht geschätzt werden kann.

Welche Nacharbeiten können nicht abgerechnet werden?

Nicht abrechnungsfähig sind Rückfragen zu steuerlich relevanten Sachverhalten, die in den Steuererklärungen zwar angegeben, aber vom Steuerberater in den dazu eingereichten Anlagen nur unzureichend dargestellt und erläutert werden.

Beispiel 4

In der Bilanz einer GmbH wird erstmalig eine Pensionsrückstellung ausgewiesen. Weder die schriftlichen Zusagen, noch die Berechnung der Pensionsrückstellung gem. § 6a EStG oder der Name des Berechtigten der Pensionszusage werden dem FA mitgeteilt.

Nicht gerechtfertigte Fragen des FA

Die Antworten auf Rückfragen des FA sind in vielen Fällen aus den Steuererklärungen selbst oder den dazu eingereichten Anlagen ersichtlich und hätten bei sorgfältiger Bearbeitung durch die Mitarbeiter des FA gegeben werden können. Wenn derartige Fragen mit einem gewissen Aufwand vom Steuerberater zusätzlich erläutert und beantwortet werden müssen, ist das selbstverständlich nach § 31 StBVV abrechnungsfähig. Ihre Mandanten können Ihr Honorar in diesen Fällen im Rahmen der Amtspflichtverletzung gem. § 276 BGB gegenüber der Finanzbehörde geltend machen.