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Wann und wie kann eine Zeitgebühr berechnet werden?

Teil 1

Gerald Schwamberger, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Göttingen

Steuerberater sind für die von ihnen erledigten steuerberatenden Tätigkeiten i. S. des  § 33 StBerG  nach  § 64 StBerG  verpflichtet, ihre Gebühren nach der StBVV abzurechnen. Nach dieser wird die überwiegende Zahl der Tätigkeiten nach einer Wertgebühr berechnet. Nur ein kleiner Teil der Vorschriften ergibt eine Berechnung nach der Zeitgebühr, die der Höhe nach in § 13 StBVV bestimmt ist. KP erläutert, wann und wie eine Zeitgebühr berechnet werden kann.

Vorgehensweise bei der Berechnung der Zeitgebühr

Die Zeitgebühr ist wie die meisten übrigen Gebühren eine Rahmengebühr. Die Abrechnung erfolgt gemäß § 13 StBVV je angefangene halbe Stunde. Dies bedeutet, dass der Zeitaufwand für die jeweilige Tätigkeit – soweit es sich um einen zusammenhängenden Zeitaufwand (z. B. Besprechung) handelt – als Gesamtzeitaufwand durch 30 Minuten zu teilen ist. Beim Verbleib eines Rest-Minutenbetrags ist für diesen eine volle halbe Stunde zu berechnen. Bei einer Vielzahl von kleineren Zeitaufwendungen sind diese, soweit sie eine halbe Stunde nicht überschreiten, jeweils mit einem halben Stundensatz je Angelegenheit zu berechnen (z. B. Telefonate, Prüfung von Steuerbescheiden). Die aufgewandten Zeiten sind jedoch mit dem jeweiligen Auftrag des Mandanten je nach Angelegenheit zusammenhängend zu erfassen und zu berechnen (§ 12 Abs. 1 und 2 StBVV).

Beispiel 1

Der Steuerberater erhält den Auftrag, die Steuerbescheide für die Einkommen- sowie Umsatzsteuer und den Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2014 zu prüfen. Für den Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheid benötigt er jeweils 10 Minuten. Bei dem Umsatzsteuerbescheid haben sich Änderungen gegenüber der eingereichten Steuererklärung ergeben, die insbesondere mit § 13b UStG zusammenhängen. Der Prüfungsaufwand für den Umsatzsteuerbescheid beträgt 1 Stunde 40 Minuten.

Lösung: Für den Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheid ist jeweils ein Halbstundensatz zu berechnen, für den Umsatzsteuerbescheid sind es vier Halbstundensätze.

Höhe der Zeitgebühr nach der StBVV

Seit der Verordnung zum Erlass und zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 11.12.12 (BGBl I 12, 2637 – BStBl I 13, 2) beträgt die Zeitgebühr pro angefangene halbe Stunde 30 bis 70 EUR. Wie bei der Wertgebühr auch, ist Grundlage für die Zeitgebühr die Angemessenheit des anzusetzenden Stundensatzes nach § 11 StBVV. Danach ist die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Schwierigkeit der beruflichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Der Umfang der Tätigkeit ergibt sich aus der aufgewendeten Zeit. Für die Ausübung des Ermessens ist hinsichtlich der Angemessenheit der Gebühr die umfangreiche Rechtsprechung zu berücksichtigen. Der Steuerberater hat das billige Ermessen als Begriff des bürgerlichen Vertragsrechts unter Berücksichtigung der Interessenlage des Mandanten und des in vergleichbaren Fällen Üblichen auszuüben (BGH 13.5.74, VIII ZR 38/73, BGHZ 62, 314, 315 f.).

Beispiel 2

Bei der Erstellung des Jahresabschlusses berechnet der Steuerberater gemäß § 35 Abs. 3 StBVV einen Stundensatz von 100 EUR für die Übernahme der Daten und Abstimmungsarbeiten bei der vom Mandanten selbst erstellten Buchführung.

Lösung: Es handelt sich hierbei um die Mittelgebühr, die weitgehend durch die Rechtsprechung verschiedener OLG für Fälle von durchschnittlicher Bedeutung, durchschnittlichem Umfang der Tätigkeit und durchschnittlicher Schwierigkeit bestätigt wurde (BGH 4.7.02, IX ZR 153/01, Abruf-Nr. 020993).

Die StBVV ist grundsätzlich für Tätigkeiten des Berufsträgers angelegt. Sie regelt jedoch nicht, dass nur dieser Tätigkeiten für den Auftraggeber erledigen darf. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass einfache Tätigkeiten, die von Mitarbeitern oder gar Auszubildenden erledigt werden, ggf. mit einer niedrigeren Gebühr als der Mittelgebühr oder sogar mit der Mindestgebühr anzusetzen sind. Es kommt hierbei aber auf die Art der Tätigkeit an.

Beispiel 3

Für die Erstellung eines Gebäudes sind die Herstellungskosten anhand der vom Mandanten vorgelegten Belege zusammenzustellen und zu erfassen. Eine Auszubildende im dritten Ausbildungsjahr erstellt aus den in zwei Ordnern befindlichen Rechnungen eine Excel-Tabelle und addiert die Endsummen. Der Zeitaufwand wird mit einem Stundensatz von 60 EUR berechnet.

Lösung: Die einfachen Arbeiten des Zusammenstellens sind mit der Mindestgebühr zutreffend berechnet. Die Tätigkeit hätte ebenfalls mit diesem Stundensatz berechnet werden müssen, wenn ein Fachangestellter sie erledigt hätte sowie wenn die Aufstellung keine besonderen Schwierigkeiten der Zuordnung oder der Beurteilung beinhaltete.

Der weite Rahmen der Zeitgebühr kann je nach Schwierigkeit der Tätigkeit auch ausgeschöpft werden. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass durch den Auftrag anfallende Reise- und Wartezeiten in die Berechnung einzubeziehen sind. Reisekosten, Übernachtungskosten u. Ä. sind zusätzlich zu berechnen, weil hierdurch nur erhöhter Kostenaufwand, nicht jedoch die aufgewandte Zeit berechnet wird.

Beispiel 4

Im Rahmen einer Betriebsprüfung durch das FA wird die Steuerfahndung eingeschaltet. Zu Besprechungen und Erläuterungen von Sachverhalten muss der Steuerberater zum FA reisen. Er berechnet seinen Zeitaufwand sowohl für die Betriebsprüfung als auch für die Reisezeiten mit 140 EUR pro Stunde. In dem Zeitaufwand sind auch mehrere Stunden für tätige Fachangestellte enthalten.

Beachten Sie: Bei entsprechend hohem Aufwand ist die Höchstgebühr gemäß § 13 StBVV auch für Mitarbeiter berechenbar. Dasselbe gilt für die Zeiten der Reise.

In der StBVV geregelte Zeitgebühren

In verschiedenen Einzelbestimmungen der StBVV ist die Zeitgebühr vorgesehen. In diesen Fällen ist der Gebührenrahmen des § 13 StBVV anzuwenden (OLG Düsseldorf 13.10.94, 13 U 211/98, GI 96, 94). Folgende Bestimmungen erfordern die Zeitgebühr:

  • Arbeiten zur Feststellung des verrechenbaren Verlusts gemäß § 15a EStG (§ 24 Abs. 4 Nr. 2 StBVV): Die Erledigung dieser Tätigkeit erfordert ein hohes Maß an Kenntnissen der Vorschriften und der dazu ergangenen Rechtsprechung, sodass der Stundensatz über der Mittelgebühr liegen kann. Insbesondere hat diese Tätigkeit auch eine Langzeitwirkung für den Mandanten.
  • Anfertigung einer Meldung über die Beteiligung an ausländischen Körperschaften, Vermögensmassen und Personenvereinigungen sowie an ausländischen Personengesellschaften (§ 24 Abs. 4 Nr. 3 StBVV): Diese Tätigkeit erfordert umfangreiche Erfahrungen mit Auslandsbeziehungen, damit die Darstellung und Erläuterung für das FA des Mandanten ordnungsgemäß erfolgen kann. Somit kann eine Gebühr zwischen Mittel- und Höchstgebühr durchaus als angemessen angesehen werden.
  • Sonstige Anträge und Meldungen nach dem EStG (§ 24 Abs. 4 Nr. 5 StBVV): Hierunter fällt eine Vielzahl von Tätigkeiten wie
    • Anfertigung eines Erstattungsantrags nach § 50 Abs. 5 S. 2 Nr. 3 EStG,
    • Anfertigung einer Anmeldung nach § 50 Abs. 5 EStG, § 73e EStDV,
    • Anfertigung eines Antrags auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG,
    • Anfertigung eines Antrags auf Altersvorsorgezulage gemäß § 89 EStG,
    • Anfertigung eines Antrags auf Festsetzung der Zulage nach § 90 Abs. 4 EStG,
    • Anfertigung eines Antrags auf Verwendung für eine eigenen Wohnzwecken dienende Wohnung im eigenen Haus gemäß §§ 92a, 92b Abs. 1 EStG,
    • Anfertigung eines Antrags auf Festsetzung des Rückzahlungsbetrags gemäß § 94 Abs. 2 EStG,
    • Anfertigung eines Antrags auf Stundung gemäß § 95 Abs. 2 EStG,
    • Anfertigung eines Antrags auf Gewährung der Zulage nach Neubegründung der unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 95 Abs. 3 EStG,
    • Antrag auf NV-Bescheinigung nach § 44a Abs. 2 Nr. 2 EStG,
    • Antrag auf Pauschalierung der Lohnsteuer gemäß § 40 EStG,
    • Antrag auf Anwendung der pauschalen Gewinnermittlung nach der Tonnagesteuer gemäß § 5a Abs. 1 S. 1 EStG.
  • Die Vorschrift ist auf Anträge und Meldungen nach dem EStG beschränkt. Sonstige Anträge und Meldungen, die nicht im EStG geregelt sind und für die es in der StBVV keine Vorschrift hinsichtlich der Berechnung gibt, können gemäß § 2 StBVV nach § 24 Abs. 5 Nr. 5 StBVV mit der Zeitgebühr berechnet werden. Hierunter können z. B. folgende Tätigkeiten fallen:
    • Erstellung von Anträgen und Angaben bei der Ermittlung von Bedarfswerten für die Erbschaftsteuer
    • Ausfertigung von Formularen für die Ermittlung des Einheitswerts für Grundvermögen
    • Ausfertigung des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung eines Mandanten
    • Ausfertigung des Fragebogens zur Eröffnung eines Gewerbebetriebs (Nach Meinung des Autors kann bei der Beratung für die Gründung eines Gewerbebetriebs über die reine Ausfertigung des Fragebogens hinaus die Gebühr gemäß § 21 StBVV berechnet werden.)
  • Überwachung und Meldung der Lohnsumme sowie der Behaltensfrist i. S. von § 13a Abs. 1 i. V. mit Abs. 6 S. 1 Abs. 5 i. V. mit Abs. 6 S. 2 ErbStG gemäß § 24 Abs. 4 Nr. 11 StBVV
  • Berechnung des Begünstigungsgewinns i. S. von § 34a Abs. 1 S. 1 EStG gemäß § 24 Abs. 4 Nr. 12 StBVV
  • Vorarbeiten bei der Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, wenn die Arbeiten über das übliche Maß erheblich hinausgehen, gemäß § 25 Abs. 2 StBVV
  • Prüfung von Steuerbescheiden gemäß § 28 StBVV, Teilnahme an Prüfungen einschließlich Schlussbesprechung und Überprüfung des Berichts gemäß § 29 Nr. 1 StBVV, Hilfe bei der Einrichtung einer Buchführung gemäß § 32 StBVV (hierunter fallen auch entsprechende Tätigkeiten für die Einrichtung einer Lohnbuchführung)
  • Sonstige Tätigkeit im Zusammenhang mit der Buchführung gemäß § 33 Abs. 7 StBVV, sonstige Tätigkeiten im Zusammenhang mit Lohnsteuerabzug und Lohnbuchführung gemäß § 34 Abs. 5 StBVV, Abschlussvorarbeiten, insbesondere Anfertigung oder Berichtigung von Inventurunterlagen gemäß § 35 Abs. 3 StBVV
  • Prüfung von Konten, Überschussrechnungen und Buchführungen einschließlich der Berichterstattung gemäß § 36 Abs. 1 StBVV, Prüfung einer sonstigen Vermögensrechnung für steuerliche Zwecke gemäß § 36 Abs. 2 StBVV. Zwar ist in dieser Vorschrift eine Wertgebühr genannt. Diese kann jedoch nach Aufwand durch eine Zeitgebühr erweitert werden.
Beachten Sie: Die im Einzelnen geregelten Zeitgebühren beziehen sich weitgehend auf Tätigkeiten, die nicht laufend anfallen und als Sondertatbestände angesehen werden müssen. Sie sind daher nicht in Pauschalgebührenvereinbarungen i. S. des § 14 StBVV einzubeziehen.