­

Mediation

Konfliktlösung ohne Kadi

Gerald Schwamberger, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Göttingen

Konflikte sind Teil des Alltags, auch im Wirtschaftsleben. Ihre Bewältigung erfolgt unterschiedlich. Eine schnelle und effiziente Lösung der Konflikte ist wünschenswert. Hier bietet die Wirtschaftsmediation Möglichkeiten, kurzfristig Lösungen zu finden. Ziel ist dabei, dass Konfliktparteien künftig weiter zusammenarbeiten können. Dies zumindest wünschen sich die Kontrahenten häufig.

Für Steuerberater eignet sich Mediation dazu, einen neuen Dienstleistungsbereich zu erschließen. Dies kann unter Anwendung von erprobten Mediationsverfahren und -methoden geschehen, denn hier lassen sich zusätzliche Einnahmequellen erschließen. Schließlich haben Steuerberater auch in ihrem Kanzleialltag viele Konflikte zu lösen.

Diese reichen von Problemen in der Familie von Mandanten bis hin zu den Beziehungen zwischen Mandanten und Dritten. Der Mandant erwartet vom Steuerberater nicht nur eine Beratung, sondern auch, dass er seine Interessen gegenüber Dritten vertritt. Die Beratungen und Vertretungen, die der Steuerberater übernimmt, sind Tagesgeschäft. Sie sind nur dann erfolgreich zu lösen, wenn neben sachlichen Argumenten und Fakten eine erfolgreiche Kommunikation mit den Verhandlungspartnern oder Konfliktgegnern erfolgt.

Wirtschaftsmediation als Konfliktlösung

In Deutschland tritt Mediation zunehmend in das Bewusstsein der Öffentlichkeit. In Niedersachsen werden zurzeit bei verschiedenen Gerichten Mediationsverfahren eingesetzt, um die Verfahren schneller und kostengünstiger zu lösen. Neben Konfliktregelungen in Form von Gesprächen, Verhandlungen und gerichtlichen Verfahren ist die Mediation eine Alternative. Hier kann der Konfliktpartner mit Hilfe des Mediators im direkten Gespräch Entscheidungen entwickeln und verbindlich beschließen.

Das Verfahren baut darauf auf, dass der Mediator zunächst eine Klärung der Rollen der beteiligten Parteien durchführt. Voraussetzung für den Erfolg des Verfahrens ist, dass die Beteiligten, die Medianten, an der Lösung des Konfliktes mitarbeiten und keine Vorbedingungen stellen. In jedem Konflikt sind die Parteien auch emotional beteiligt, diese muss offengelegt und abgearbeitet werden.

Die einzelnen Phasen des Mediationsverfahrens bestehen in der Vorbereitung des Verfahrens, in dem die Bereitschaft der Beteiligten zu einem ergebnisoffenen Ablauf abgeklärt werden muss. Daneben gilt es, Themen für den Konflikt zu entwickeln, die Interessen der beteiligten Parteien zu berücksichtigen, Ideen zu sammeln und auszuwerten. Hier ist der Mediator gefordert. Dazu gehört die souveräne Leitung des Verfahrens, das Zuhören und Aufnehmen der Argumente sowie eine Befragung der Medianten. Damit sollen sie dazu gebracht werden, eigene Ideen zur Bewältigung des Konfliktes zu liefern.

Ideal ist es, wenn bei Mediation eine gute Atmosphäre herrscht, die durch die Auswahl des Besprechungsraums und die Bewirtung der Parteien eingeleitet wird. Seine Rolle muss er den Parteien zu Beginn darlegen, ebenso das Verfahren und die Eigenverantwortung der Medianten zur Lösungsfindung hervorheben. Die Leitung des Verfahrens an sich darf nicht zu einem Diktat gegenüber den beteiligten Parteien ausarten. Es muss eine lockere, entspannte Atmosphäre geschaffen werden.

Offene Kommunikation ist wichtig

Auch schwierige Medianten gilt es – durch Offenheit und Ehrlichkeit des Verfahrensablaufs – in eine offene Kommunikation zu führen. Durch gezieltes, geschicktes Hinterfragen des Konfliktes und der emotionalen Ursachen lässt sich der Zwist lösen.

Wichtig für das Verfahren ist auch die Visualisierung des Geschehensablaufs in der Form, dass die Auswahl der Themen etwa auf einer Pinwand den Parteien die Themensammlung vor Augen führt. Dies kann an einem Flip-Chart, getrennt nach den Beteiligten, deren Interessenbedürfnisse, Emotionen oder Anliegen erfolgen. Hierbei kann der Mediator gemeinsame und unterschiedliche Interessen zusammentragen und sich auf die nicht übereinstimmenden Positionen beschränken. Wichtig ist auch, dass er durch intensives Nachfragen und Wiederholen der Antworten die Beteiligten voranbringt. Argumente werden dabei auf eine emotionale Ebene verlagert. Durch eine visuelle Darstellung in dieser Phase lässt sich eine Lösung herbeiführen.

Notwendig ist dabei, dass die Medianten gegenüber dem Mediator ein uneingeschränktes Vertrauen entgegenbringen, das durch die Freiwilligkeit des Verfahrens gefördert wird. Gleiches gilt für das gesamte Verfahren. Hier müssen sich die Medianten bewusst werden, dass sie zu einem schnellen Fortgang des Verfahrens beitragen können. Eine Lösung des Konfliktes beeinflussen sie also auch selbst. Diese wiederum muss in eine abschließende schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien einfließen.

STICHPUNKTE

Welche Argumente sprechen für die Wirtschaftsmediation?

  • Hohe Sensibilität der Steuerberater für entstehende Konflikte – Möglichkeit zur Prävention
  • Verbesserung der Mandantenbindung durch andere Gesprächsqualität
  • Verbesserung der Atmosphäre in der eigenen Kanzlei
  • Erreichung einer niedrigeren Schwelle für die Kommunikation mit Mandanten
  • Die Erreichung besserer Grundlagen für Empfehlungen zum Umgang mit Konflikten
  • Durch Prävention kann der Steuerberater einen Beitrag für die Sicherung der Unternehmen der Mandanten leisten
  • Steuerberater besitzen eine hohe Qualifikation durch ihr wirtschaftliches Hintergrundwissen
  • Mediation kann ein neues Betätigungsfeld für Steuerberater (weiteres Standbein) sein
  • Steuerberater haben eine große Erfahrung mit Allparteilichkeit (Neutralität) und Vermittlertätigkeit auf Grund der Erfahrungen aus ihrer Tagesarbeit
  • Mediation kann die effektive Mandatsbearbeitung durch eine höhere Sicherheit im Prozess erhöhen
  • Auf Grund der Mandantenbindung ist der Steuerberater in der Regel die erste Anlaufstelle bei Problemen oder Konflikten, insbesondere, wenn es sich um wirtschaftliche Problemfelder handelt
  • Durch eine Netzwerkbildung unter Steuerberatern, aber auch mit anderen Berufsgruppen, wie Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern, besteht die Möglichkeit, Mediationsmandate zu erhalten und interdisziplinär Konfliktlösungen zu finden.

Für die Wirtschaftsmediation erscheint der Steuerberater prädestiniert. Nachdem er sich täglich mit wirtschaftlichen Konflikten befasst und hier über Sachkompetenz verfügt, kann er als Mediator dabei helfen, wirtschaftliche Konflikte lösen.

Rechtsanwalt kann hinzugezogen werden

Auch hier kann der Mediator lediglich Moderator zwischen den Parteien sein. Soweit rechtliche Positionen zu beurteilen sind, kann dies nur durch einen zusätzlichen Rechtsanwalt oder durch Rechtsanwälte der Parteien erfolgen, damit die Neutralität des Mediators nicht in Zweifel gezogen werden kann. Nach dem Berufsrecht dürfen Steuerberater zurzeit den Titel „Mediator“ nicht führen. Gemäß § 43 Abs. 2 Steuerberatungsgesetz (StBerG) ist die Führung weiterer Berufsbezeichnungen nur gestattet, wenn sie amtlich verliehen worden sind. Allerdings ist die Tätigkeit als Mediator gemäß § 57 Abs. 3 StBerG zulässig. Die BStBK strebt im Zusammenhang mit der nächsten Änderung des StBerG an, berufsrechtliche und -sachliche Voraussetzungen zur Führung der Bezeichnung zu schaffen. Für Rechtsanwälte ist die Führung des Titels „Mediator“ gemäß § 7 a BORA zulässig. Die Voraussetzungen für Rechtsanwälte zur Führung des Titels sollten auch für Steuerberater Vorbild sein. Dazu zählt eine Ausbildung mit mindestens 90 Unterrichtsstunden, die von einem anerkannten Mediator bestätigt werden.

StBK Niedersachsen bietet spezielle Lehrgänge an

Die Steuerberaterkammer Niedersachsen und die Bundessteuerberaterkammer bietet sogar spezielle Ausbildungslehrgänge für Steuerberater an. Sie sind nicht nur Voraussetzung, Mediationsverfahren durchführen zu können – sie liefern auch Anregungen für die tägliche Arbeit.

Die Honorierung der Mediationstätigkeit für den Steuerberater erfolgt gemäß § 612 BGB und kann mit den Medianten frei vereinbart werden. Auf Grund der hohen Qualifikation, dem hohen persönlichen Engagement und einer verantwortlichen und aufwendigen Tätigkeit ist zu empfehlen, die Honorierung auf Stundenbasis vorzunehmen. Sätze zwischen 150 und 300 Euro sind hier üblich. Eine Einschränkung gibt es allerdings bei eigenen Mandanten. In der Regel wird eine Mediation des Steuerberaters hier nicht möglich sein, da die Neutralität des Steuerberaters nicht gegeben ist.

Hier wären Netzwerke zwischen Berufskollegen aber auch mit Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern wünschenswert. Somit könnte eine Übertragung von Mediationsmandaten erfolgen, ohne die Gefahr, Mandanten an den Mediator zu verlieren. Durch Vereinbarung von Mandatsschutz kann gleichzeitig sichergestellt werden, dass eine qualifizierte Mediation stattfindet.